Nach unserer ersten kleinen Radreise in den Niederlanden Ende August hofften wir darauf, in diesem Jahr noch eine weitere Tour über zwei Tage unternehmen zu können. Dafür peilten wir die Herbstferien an und wollten je nach Wetterlage ganz spontan entscheiden, wo es denn dann hingehen sollte. Als der Wetterbericht für das Ende der ersten Ferienwoche trockene, sonnige und nicht allzu kalte Bedingungen vorhersagte, durchforsteten wir geschwind das Internet nach möglichen Regionen und Routen. Schnell fiel unsere Entscheidung dieses Mal anstelle einer weiteren Fahrt durch die Niederlande zugunsten des Münsterlandes aus, welches wir seinerzeit auch schon auf dem Schirm hatten. Der EmsRadweg, über den wir bei der Recherche stolperten, schien genau richtig. Natürlich war die rund 385 km lange Strecke von den Emsquellen zwischen Hövelhof und Schloß Holte-Stukenbrock bis nach Emden an der Nordsee zu weit für uns. Daher schauten wir nach einem Teilstück, bei dem sowohl Start- als auch Zielpunkt gut an den Bahnverkehr in NRW angebunden sind. Unsere Wahl fiel schließlich auf den Abschnitt von Rheda-Wiedenbrück bis nach Rheine, der sich mit einer Übernachtung mittendrin gut in zwei etwa gleichlange Abschnitte teilen ließ.
Also machten wir unsere Räder startklar, packten alles für das kleine Bikepacking-Abenteuer zusammen und fuhren mit dem Zug über Hamm nach Rheda-Wiedenbrück. Eine Bäckerei war dort schnell gefunden, in der wir uns noch ein wenig mit Leckereien für den Tag eindeckten. Aber dann konnte es auch schon so richtig losgehen und wir bogen kurz darauf ein in den EmsRadweg.
Allerdings führte die Strecke in den folgenden Stunden nur recht selten direkt am Wasser entlang. Wie wir zuvor bereits in der Wegbeschreibung lesen konnten, verlaufen nahezu drei Viertel der Route in Nordrhein-Westfalen durch Gebiete, in denen wildlebende Tierarten und deren Lebensräume unter besonderem Schutz stehen. Häufig sind das die Uferbereiche, weshalb der Radweg mal näher und mal weiter vom Flusslauf entfernt angelegt ist und nicht immer einen direkten Blick auf den Wasserlauf ermöglicht. So machten wir die Erfahrung, dass der EmsRadweg tatsächlich die meiste Zeit recht weit weg vom Ufer verläuft und nur dann die Möglichkeit bestand, vom Rad einen Blick auf die Ems zu werfen, wenn die Route die Uferseiten wechselte, was sie über Brücken aber durchaus des Öfteren tat.
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Ansonsten war die Streckenführung durchaus abwechslungsreich und der EmsRadweg schlängelte sich vorbei an Feldern und Wiesen und durch schattige Wälder. Doch gerade in den dunklen Ecken war es an unserem ersten Tourtag noch ziemlich frisch. Hinzu kam ein oftmals lästiger Gegenwind, der uns immer wieder aufforderte, kräftig in die Pedale zu treten. So verbrauchten wir nicht nur mehr Kraft, als auf der nahezu steigungslosen Strecke an sich nötig gewesen wäre, sondern kamen auch langsamer voran als gedacht.
Sehr angenehm hingegen war das geringe Verkehrsaufkommen, selbst dann, wenn wir entlang der Ems gelegene Orte passierten und durch Dörfer fuhren. Ob Marienfeld, Harsewinkel oder Warendorf – allesamt schöne Abwechslung zwischen den naturnahen Abschnitten.
An den Kottruper Seen, wo einer der vielen Aussichtspunkte samt Aussichtsturm auftauchte – die sich an der Route immer wieder über die platte Landschaft erheben –, machten wir am frühen Nachmittag eine längere Rast in der Wärme spendenden Sonne, bevor wir über Einen nach Telgte radelten. Kurz überlegten wir, hier zu Abend zu essen, doch dann entschlossen wir uns dazu, erstmal zum Hotel zur Bever nach Westbevern zu fahren, wo wir uns für die Nacht einquartiert hatten. Laut Google sollte es dort auch einen Gasthof geben – wir würden vor Ort also noch was zu essen bekommen. Nur stellte sich nach unserer Ankunft heraus, dass die Lokalität vorübergehend geschlossen war. Uns noch einmal aufs Rad zu schwingen und zurück nach Telgte in ein Restaurant zu strampeln, nachdem wir die Bequemlichkeit des Hotelzimmers gekostet hatten, ließ jedoch keine Begeisterung in uns aufkommen. Aber wir hatten Glück: Zumindest gab es noch einen kleinen Dorfgrill – für unser leibliches Wohl war an diesem Abend auch ohne weite Wege dann doch ausreichend gesorgt.
Belohnt mit Pommes, Cheeseburger und Curry-Wurst fielen wir nach dem ersten Tag auf dem EmsRadweg mit fast 77 Kilometern in den Beinen frühzeitig müde und zufrieden in die Betten.
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Tag 2 unserer Radreise begannen wir erst einmal mit einem ordentlichen Frühstück. Gestärkt durch Brötchen, Rührei und Obst konnte es danach munter weitergehen über asphaltierte Landwirtschaftswege, Schotterpisten und klassische Waldwege. Die Strecke, die uns am Vortag trotz aller schon vorhandenen Abwechslung noch etwas eintönig vorgekommen war, gestaltete sich nun als weitaus vielfältiger. Vielleicht war es aber auch nur der weniger starke Wind oder die etwas höhere Temperatur, die uns das Radlerleben auf diesem Abschnitt noch mehr genießen ließen. Ob Baggerseen, der Dortmund-Ems-Kanal oder die fast schon Singletrailpassage durch die Wentruper Berge – es war eine Freude, durch die Lande zu radeln und alles aus eigener Kraft zu entdecken. Selbst ein längerer Gravelabschnitt durch Wald und Feld, der uns einen flotteren Schnitt kaputt machte, war willkommene Abwechslung.
Hinter Emsdetten pausierten wir zum Schluss gar das erste Mal direkt an der Ems – wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt –, bevor wir zum Endspurt bliesen. Zwar wurde dieser durch ein „Fotoshooting“ meiner radelnden Begleitung auf dem Birkenpilzweg und einem kurzen Blick auf die winzige Bockholter Emsfähre noch zweimal ausgebremst, aber all das hielt uns nicht davon ab, in schönstem Nachmittagslicht an weiteren Bauernhöfen, Pferdekoppeln und Auenlandschaften entlang zügig bis nach Rheine zu fahren. Dort sahen wir fix zu, den Bahnhof zu finden und waren froh, direkt in einen bereit stehenden Zug einsteigen und den Rückweg nach Hause antreten zu können.
Noch einmal hatten wir auch am zweiten Tag die 70-km-Marke geknackt und mit surrenden Rädern die Zeit ausgekostet, die frische Luft genossen und uns an der Bewegung erfreut. Nur zu gerne hatten wir den bunten Reigen an Erlebnissen eingesammelt, den uns der stille Herbst beschert hatte.
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