Allgemein Wandern

Wieder Fuß fassen

Am Brezelweg, Foto: Martin Hülle

Nach den ersten Schritten vor ein paar Tagen war ich gestern erneut unterwegs. Dieses Mal zusammen mit Schwippschwager Matthias. Wir hatten uns den Brezelweg rund um Burg ausgesucht, den ich schon häufiger gelaufen bin, zuletzt Ende Januar. Gemeinsam fuhren wir mit der Regionalbahn bis Solingen-Schaberg und liefen von der Müngstener Brücke ein Stück oberhalb der Wupper entlang, bis wir auf den eigentlichen Rundweg stießen. Die etwa 16 Kilometer lange Strecke mit ihren gut 600 Höhenmetern erschien mir genau richtig, um weiter Fuß zu fassen.

Zum Glück war es nicht zu warm und im Wald und zwischen den Feldern auch nicht allzu schwül und stickig. Trotzdem war die Luft ab und an drückend. Ich spürte es vor allem an den langen Steigungen – bis ich wieder so richtig fit bin, wird es noch eine Weile dauern. Wir kamen aber ganz gut voran, machten ein paar Pausen, aßen Käse- und Wurstbrötchen. Nur das Gewitter und den Regen hatte ich irgendwie nicht auf dem Plan. Als die ersten Blitze zuckten, das Donnergrollen lauter wurde und es immer stärker vom Himmel tropfte, suchten wir für kurze Zeit Zuflucht in einem Unterstand.

Nach 20 Minuten war das Gröbste vorübergezogen und wir gingen weiter. Einige Zeit regnete es zwar noch, aber das war auf den Waldwegen, geschützt von den Bäumen und bei den sommerlichen Temperaturen, nicht weiter schlimm. Auch ohne Regenjacke war das bisschen Nässe nicht der Rede wert.

Irgendwann kam sogar die Sonne zurück und alles trocknete rasch. Am Hermann Löns Denkmal, wo sich unzählige kleine Pfützen auf einem Gemäuer hoch oben über der Wupper gebildet hatten, machten wir einen letzten Zwischenstopp. Nach sechs Stunden schloss sich der Kreis und wir waren zurück am Ausgangspunkt. Gerade rechtzeitig, bevor erneut dunkle Wolken über uns hinwegzogen und den nächsten Regen brachten.

Meine Beine waren zum Ende hin etwas schwer, aber ich habe das Gefühl, so langsam wieder in Fahrt zu kommen. Und die Krankheit zunehmend nur als einen Teil zu sehen, der zwar vorerst immer da ist, der aber nicht bestimmt.

Noch stecke ich allerdings mitten im Chaos. Um mich herum ist weiterhin so vieles ungewiss. Wie es weitergeht mit der Epilepsie. Wann – oder ob überhaupt – ein nächster Anfall kommt. Ob ich es schaffen kann, die Ideen, die mir im Moment im Kopf umherschwirren, tatsächlich umzusetzen. Ob es trotz der Unsicherheit möglich ist, neue Wege zu gehen und weiterzukommen. Oder ob es gerade dieses „kranksein“ ist, diese momentane Phase, die manches erst ermöglichen wird?

Ich gebe mir Zeit. Oder versuche es zumindest. Vielleicht schaffe ich es, zu reifen durch die Situation. Vielleicht ist das alles genau richtig so.

> Epilepsie (alle Beiträge im Blog)

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3 Kommentare Neuen Kommentar hinzufügen

  1. Thilo sagt:

    Hallo Martin,

    ich wollte Dir bereits schon nach Deinem ersten Post zum Thema ein paar aufmunternde Worte zukommen lassen, denn der Artikel hat bei mir etwas hinterlassen. Und das, obwohl wir uns nicht kennen. Aber dann waren leider wie so häufig mal wieder andere Dinge wichtiger …

    Aber nun endlich: Ich bin beeindruckt – von Deiner Geschichte, aber noch vielmehr von der Offenheit, mit der Du mit Deinem neuen Leben umgehst. Und es freut mich zu hören, dass es bei Dir scheinbar bergauf geht und Du dich wieder im Alltag einfindest. Denn gerade in diesen Situationen merkt man, wie schön doch das Alltägliche sein kann.

    Daher, Du hast es selber gesagt: Tunnel, Licht & so. Nur bloß nicht rückwärts gehen.

    Alles Gute für Dich & Deine Familie!

  2. @Thilo
    Vielen Dank für Deinen Kommentar! Die Offenheit ist für mich Teil des Weges, mit der Situation umzugehen. Und es freut mich natürlich, auch Leute zu erreichen, die mich eigentlich gar nicht kennen.

    Dir auch alles Gute!

  3. Sintho sagt:

    Hallo Martin,

    ich bin über Deine Fotos auf Dich gestossen, jetzt habe ich auch von Deiner Epilepsie gelesen und wollte Dir einen aufbauenden Kommentar hinterlassen: Erst einmal, grossartige Fotos! Gerade Wasser und Stein gefällt mir sehr gut, die Belichtung ist super und ich mag so Strukturfotos sehr sehr gerne! Und dann: Mein Bruder ist in jüngeren Jahren nach einem Anfall mit Epilepsie diagnostiziert worden. Seitdem wurden seine Medikamente richtig eingestellt und er ist jetzt 15 Jahre anfallfrei und lebt sein ganz normales Leben und konnte sogar die Angst vor Anfällen weitestgehend ablegen. Also nur Mut!

    lg Sintho

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