Wandern

Am Ende kommt es knüppeldick

Ehrenberg Wanderung, Foto: Martin Hülle

Es sollte die Jahresabschlusswanderung werden. Einmal Rüggeberg und zurück. Eine Runde, die ich schon oft gelaufen bin. Und eine, für die ich normalerweise – also zu Zeiten, wo sich nicht der Schnee meterhoch auftürmt – etwa acht Stunden benötige. Keine Kleinigkeit, aber auch nichts Außergewöhnliches. Da die Tage Ende Dezember kurz sind, lief ich gestern früh los. Um 10 vor 8 stand ich auf der Straße vor der Haustür und machte mich auf den Weg. Runter nach Oberbarmen und erstmal zum Ehrenberg. Nach 45 Minuten war mir schon so warm, dass ich Windjacke und Handschuhe für den Rest des Tages in den Rucksack stecken konnte. Weiter ging es entlang der Wupper nach Beyenburg und durch den Wald zur Spreeler Mühle. Bis dahin war alles gut zu gehen und ich kam zügig voran.

Doch dann war plötzlich Schluss mit lustig: Ich traf auf ein Stück Weg, bei dem noch niemand einen Pfad in den Schnee getrampelt hatte. Nur eine Skispur zog sich zwischen den Bäumen entlang. Nun gut, ich nahm meine Kräfte zusammen und stapfte – oft knietief – hindurch. Schön war’s anzusehen – die fast unberührte Winterlandschaft –, aber beschissen hindurch zu laufen. Zum Glück war die Passage nicht allzu lang, und ich erreichte die Heilenbecker Talsperre. Dort machte ich eine Pause auf einer verschneiten Bank, nicht wissend, dass es danach noch übler kommen sollte. Eine Art Hohlweg zwischen zwei Feldern war nahezu komplett zugeweht. Ich fühlte mich wie in Skandinavien – Schneewehen zu beiden Seiten, dazu schlechte Sicht. An manchen Stellen reichte mir die weiße Pracht bis zu den Oberschenkeln. Als ich Rüggeberg erreichte, war ich mir nicht sicher, ob ich die Strecke so laufen könnte wie geplant. Wenn ich weiterhin so viel durch grundlosen Schnee stapfen müsste, käme ich nie mehr zu Hause an!

Aber ich hatte Glück: Die meiste Zeit war der weitere Weg ganz brauchbar – dank Traktorspur oder Fußpfad –, auch wenn es noch ein paar Abschnitte gab, bei denen mir Schneeschuhe oder Ski eine gute Hilfe gewesen wären. Stoisch ackerte ich mich dort durch den Schnee, bekam eine nasse Hose, Schuhe und Socken. Egal, irgendwie ging es immer weiter. Selbst an der Klinik Königsfeld, wo ich die Müdigkeit in den Beinen schon deutlich spürte. Doch von dort waren es noch immer ein paar Stunden zu gehen …

Als ich am einst abgebrannten “Meiers am Kühlchen“ vorbeikam, machte sich das ohnehin diffuse Tageslicht bereit, der Dämmerung zu weichen. Zügig lief ich weiter. Über verschneite Felder und durch dichten Wald, aus dem ab und an ein Reh hervorsprang und meinen Weg kreuzte. Bis ich schließlich wieder den Ehrenberg erreichte, den ich zu guter Letzt nochmals überqueren musste. Der Weg hinauf ist steil. Am Ende gar immer steiler. Ich hatte fast das Gefühl, meine Zehen würden die Schienbeine berühren. Oben auf dem Kopf machte ich eine letzte Pause. Noch ein Becher Tee, ein Stück Schokolade. Dann rüber zum Wildgehege, runter zur Straße, zurück nach Hause.

Aus der Dämmerung wurde nun zunehmend Dunkelheit. Der Wald verfinsterte sich. Die Bäume verschmolzen mit dem Schnee. Aus allem wurde Eins. Und ich noch immer mittendrin. Dann die ersten Lichter der Stadt. Straßen, Autos, mehr oder weniger geräumte Wege. Um 17:45 Uhr war ich zurück. Nach fast zehn Stunden. Die Beine schwer. Der tiefe Schnee hatte alle Kraft eingesammelt. Am Ende des Jahres kam es so noch knüppeldick. Und es wurde – trotz allem – die Jahresabschlusswanderung.

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