Neben einem 35er-Weitwinkel ist ein 75er-Tele – bezogen auf das Kleinbildformat – meine meistbenutzte Linse. Beide Objektive erweitern bzw. verdichten den Sehwinkel des Menschen nur in geringem Maße. Bezogen auf die Tiefe erscheinen bei dieser Telebrennweite Dinge im Hintergrund nur ein wenig größer und näher als in der Wahrnehmung unserer Augen. Deshalb liegt es für mich auf der Hand, in meinem angestrebten Bildstil bevorzugt diese knapp unter- und oberhalb eines klassischen 50-mm-Normalobjektivs angesiedelten Optiken einzusetzen, die durch ihre jeweils minimal unnatürliche Darstellung gewohnte Sichtweisen aufbrechen und im Zusammenspiel zu einer Vielfalt in der Bildgestaltung führen. 75 mm sind dabei bestens geeignet, Landschaften zu komprimieren, Details herauszuarbeiten und den Kern zu betonen. Es ist eine sehr flexible Brennweite und ideale Ergänzung meines 35-mm-„Standardobjektivs“.
Im X System von Fujifilm – mit dem ich fotografiere – werden aktuell zwei Varianten dieser moderaten Telebrennweite angeboten. Entsprechend zum Bildwinkel eines 75-mm-Kleinbildobjektivs sind es hier (APS-C) das kleine und leichte XF50mmF2 R WR sowie das super lichtstarke, aber dafür große und schwere, XF50mmF1 R WR, die genau genommen jeweils einer KB-Brennweite von 76 mm entsprechen. Von beiden Optiken kenne ich nur die Kompaktversion, welche sich am besten in mein Setup einfügt und es mir möglich macht, das Erlebte und Gesehene in natürlicher Form zu verdichten.
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Dieser Beitrag ist Teil meiner Artikelserie über mein Objektiv-Quartett von Fujifilm
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Die 50 mm mochte ich auf Anhieb. Es ist eine Brennweite, die eine wirklichkeitsgetreue Distanz schafft bei gleichzeitiger Beibehaltung einer intensiven Nähe zum Motiv. Sie bietet die Fähigkeit kontrollierter Freistellung, ohne eine allzu telehafte Komprimierung.



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Natürlich sind die Möglichkeiten eines 50ers beschränkt (respektive 75 mm KB), weit entferntes groß herauszubringen. Ein formatfüllendes Tierportrait ist damit z. B. nicht möglich – ich muss mich dann mit einem Gruppenfoto zufrieden geben ;-) Nicht alles abdecken bzw. fotografieren zu können, ist dabei allerdings Teil meines Konzepts. Schließlich habe ich immer eine „Landschaftsreportage“ im Kopf und in solch einem Fall keine Tierfotografie im eigentlichen Sinn.



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Bringt ein moderates Weitwinkel einen gewissen Pep mit, bremst ein leichtes Tele diesen mitreißenden Schwung hingegen etwas ab und führt in gemeinsamer Anwendung zu einer abwechslungsreichen Erzählung zwischen fern und nah, offen und innig.



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Stille Momentaufnahmen. Sanfte Inszenierung. Reduziert und klar. Die Essenz einer Szenerie. Dieses natürliche Teleobjektiv ist aus meiner Fotografie nicht mehr wegzudenken. Es liefert einen konzentrierten Blick in die Natur und ist ein Bindeglied zwischen „reichhaltigen“ Motiven und dem, was die eigene Seele darin aufspürt …
Eine Alternative: 85 Millimeter
Bevor ich dazu überging, nur noch das sehr kompakte 50-mm-„Fujicron“ zu benutzen, habe ich vielfach das größere und schwerere XF56mmF1.2 R verwendet – eine zu 85 mm an Kleinbild äquivalente Brennweite –, die es mittlerweile in einer wettergeschützten (WR) und für Fujifilms 40-Megapixel-Kameras optimierten Neuauflage gibt (zusätzlich zum weiterhin erhältlichen XF56mmF1.2 R APD mit eingebautem Filter für samtweiches Bokeh).



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In diesen 85ern (56er bei Fujifilm) sehe ich durchaus eine Alternative für alle, denen entweder die F2er-Lichtstärke des 75ers (50er bei Fujifilm) nicht offenblendig genug oder die Brennweite für ein Teleobjektiv doch etwas zu kurz ist. An diesem Punkt würde ich jedoch die Grenze ziehen für Aufnahmen, die noch weitestgehend dem menschlichen Blick entsprechen bzw. nahekommen sollen, wie es meinem Stil zugrunde liegt.



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PS: Das XF60mmF2.4 R Macro (entsprechend einem 91er KB), das ich in den Anfangstagen meiner Fujifilm-Laufbahn mit auf Tour hatte, wäre mir indes auf Dauer schon einen Tick zu eng. Hier sind die 85 mm und vor allem die 75 mm (56er bzw. 50er bei Fujifilm) in meinen Augen erheblich universeller und näher dran an dem von mir favorisierten „normaleren“ Seheindruck nahe der menschlichen Sichtweise.
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Welches Teleobjektiv benutzt Ihr am liebsten? Berichtet gerne in den Kommentaren!
Vorabartikel
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Das 50mmF2 ist das Objektiv, das ich für meine Tochter gebraucht gekauft, einen Urlaub an der See getestet, nicht von der Kamera genommen und nicht verschenkt habe. Mit dem 23mmF2 eine gute und leichte Reisekombi.
Ja, die beiden Objektive/Brennweiten ergänzen sich ziemlich perfekt.
Neben der wunderbaren Möglichkeit, in der Natur über einen etwas engeren Ausschnitt noch interessantere Details oder Ansichten festzuhalten, eignet sich das 50/F2 hervorragend für Portraits! Und dazu braucht man auch weder F1 noch F1.4 – weil egal ob Landschaft oder Portrait: Man ist eh meistens bei F4, um ideale Abbildungsleistung und einen ausreichend scharfen Bereich zu erhalten. Noch schöner für Portraits ist übrigens das 90/F2! Sahneschnitte für besondere Anlässe!