In der Fotografie wird eine 50-mm-Brennweite – bezogen auf das Kleinbildformat – seit eh und je als „Normalobjektiv“ bezeichnet, da es der Sichtweise der menschlichen Augen am nächsten kommt und eine natürliche Perspektive ohne Verzerrungen erzeugt. Obwohl das Sichtfeld eines Menschen durchaus einen deutlich weiteren Blickwinkel erfasst, an dessen Rändern wir jedoch nur Bewegungen wahrnehmen und keine Details, liegt der Schärfebereich, in dem wir bewusst sehen, hingegen nur in der Mitte des Gesichtsfelds, was dem Bildwinkel eines 50-mm-Objektivs ziemlich genau entspricht.
Hinzu kommt, dass diese Brennweite Motive nahezu genauso darstellt, wie auch wir sie in der Tiefe sehen. Sprich: Objekte in Vorder-, Mittel- und Hintergrund entsprechen in ihrer Größe und Ausdehnung unserem normalen Seheindruck. Bei kürzeren Brennweiten (Weitwinkel) nimmt die Distanz im Bild zu und Dinge im Hintergrund erscheinen kleiner als normal. Bei längeren Brennweiten (Tele) ist es umgekehrt. Die Szenerie wird verdichtet und Objekte im Hintergrund erscheinen größer als wir sie sehen. Diese Effekte sind umso ausgeprägter, je mehr die jeweilige Brennweite von der „Norm“ abweicht.
Im Fujifilm X System (APS-C) – mit dem ich fotografiere – entspricht nur das exzellente XF33mmF1.4 R LM WR exakt dem Bildwinkel eines 50-mm-Kleinbildobjektivs. Das hinsichtlich seines besonderen Charakters geschätzte alte XF35mmF1.4 R und das schnellere und wettergeschützte neuere XF35mmF2 R WR bieten eine Brennweite von umgerechnet 53 mm. Sei’s drum. Ich kenne nur die beiden letztgenannten und auch diese fallen ins Spektrum der Normalobjektive.
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Dieser Beitrag ist Teil meiner Artikelserie über mein Objektiv-Quartett von Fujifilm
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Das alte 35er habe ich vor mittlerweile schon recht langer Zeit bei einer Wanderung durch die Nationalparks Sarek und Padjelanta im Norden Schwedens eingesetzt, als Fujifilms Objektiv-Sortiment sich zu Beginn auf ein 18er, eben jenes 35er und ein 60er beschränkte. Während der Tour war diese Normalbrennweite meine liebste und meistgenutzte Linse, passte sie doch gut zu den Motiven.



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Allerdings geht mit diesen 35 mm (respektive 50 mm KB) auch schnell eine Langeweile einher, weil Bildwinkel und Perspektive so sehr unserem gewohnten Seheindruck entsprechen. Einerseits wirken damit gemachte Aufnahmen schnell vertraut, andererseits jedoch rasch beliebig ohne ein gewisses Extra.



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Vielleicht ist das ein Grund, weswegen diese Brennweite – mittlerweile habe ich das neuere 35er von Fujifilm – aus meinem Objektiv-Quartett meist als erstes rausfällt, von dem ich aus Gewichts- und Platzgründen normalerweise immer nur drei Linsen mit auf meine Reisen und Touren nehme.



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So kommt diese menschliche Brennweite bei mir in erster Linie nur noch dann zum Zuge, wenn ich gezielt nur ein Objektiv dabei haben möchte, z. B. auf Familienausflügen, um dabei „spielerisch“ die Normalität – im wahrsten Sinne des Wortes – einzufangen …
Eine Alternative: 40 Millimeter
Nun gut. Ein Normalobjektiv ist ein Normalobjektiv. Und wer eine solche Linse einsetzt, tut dies sicherlich ganz bewusst. Eine interessante Alternative ist in meinen Augen dennoch eine 40-mm-Optik, die etwas mehr Dynamik ins Spiel bringt, ohne gleich zu sehr ins weitwinklige abzurutschen und vom normalen Seheindruck abzuweichen.
Bei Fujifilm deckt das XF27mmF2.8 R WR diesen Bereich ab, ein kleines und leichtes Pancake, das genau genommen einem 41er-Kleinbildobjektiv entspricht.



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In den letzten Jahren habe ich diesen Winzling aufgrund seiner Kompaktheit, und weil mir das Normalobjektiv vielfach ein bisschen zu eng ist, bei vielen Unternehmungen dabei gehabt. Im Gegensatz zu einem 50er (33er/35er bei Fujifilm) bietet diese Brennweite den Hauch einer minimalen Realitätsveränderung, welche ansonsten oft fehlt.
Unbestritten sind einige der Bilder, die bis heute als Inbegriff zeitloser Fotografie gelten, mit 50 mm aufgenommen. Deshalb gehört ein solches Normalobjektiv eigentlich in jede Fototasche …



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Nutzt Ihr ein 50-mm-Objektiv? Oder ist Euch diese Brennweite auch oft zu langweilig? Berichtet gerne in den Kommentaren!
Vorabartikel
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Interessant – für mich ist das 35er (50 mm) auch eines der „langweiligsten“ Linsen. Das 27er ist für mich auch spannender. Nicht umsonst gab es in den 50er/60er-Jahren viele Kameras mit einem 40er.
Ja, ich habe z. B. auch noch eine alte Rollei 35 S – die hat auch ein 40-mm-Objektiv verbaut …