Fotografie

Bildbearbeitung: Mein Fujifilm-Workflow von A bis Z

Bildbearbeitung: Mein Fujifilm-Workflow von A bis Z, Foto: Martin Hülle

Für mich beginnt der Workflow bereits vor jeder Reise mit der Grundeinstellung der Kamera. Ich zeichne parallel RAW und JPG auf, die JPGs in der Bildgröße Large und der Bildqualität Fine. Dabei nutze ich später nur die RAW-Dateien – die JPGs sind in erster Linie nur dazu da, mir die größtmögliche Bildvorschau eines gemachten Fotos im elektronischen Sucher oder auf dem Kameramonitor zu ermöglichen. Bei einer reinen RAW-Aufnahme lässt sich bei den Fujifilm-Kameras nicht so weit ins Bild hineinzoomen, weil dann nur ein kleineres Vorschau-JPG erstellt wird. Die RAW-Dateien nehme ich mit verlustfreier Kompression auf.

Die Filmsimulation steht auf PRO Neg. Standard, da diese die „natürlichste“ Bildwiedergabe mit dem größten Kontrastumfang gewährleistet. Um darüber hinaus die maximale Durchzeichnung der dunklen und hellen Bildbereiche zu erlangen und bei der Aufnahme so gut wie möglich einschätzen zu können, ob die Schatten zulaufen oder die Lichter ausfressen, stelle ich die Werte für die Lichter und Schatten jeweils auf −2. Den Farbwert belasse ich auf 0, die Schärfe drehe ich allerdings auf +4 hoch, so kann ich im Sucher oder auf dem Monitor bei der Bildkontrolle besser erkennen, ob ein Foto tatsächlich scharf geworden ist. Der Dynamikbereich steht auf DR100, der Weißabgleich auf Auto und der Farbraum auf sRGB (bei den RAW-Dateien nutze ich später in der Bildbearbeitung hingegen Adobe RGB).

Einmal unterwegs, fotografiere ich nahezu ausschließlich mit der Zeitautomatik. Das heißt, ich wähle die Blende zur bewussten Bildgestaltung vor – für Aufnahmen mit durchgehender Schärfe von vorne bis hinten oder freigestellten Motivteilen mit selektiver Schärfe – und lasse die Kamera die Belichtungszeit automatisch hinzuwählen. Hier kommt zudem die Auto-ISO-Funktion ins Spiel, die verhindert, dass die Belichtungszeit zu lang werden könnte. Da ich meist zu Fuß oder auf Ski mit schwerem Gepäck in rauem Gelände unterwegs bin, geht mir ab und an die Puste aus. Aber nicht bei jedem Foto kann ich abwarten, bis sich wieder ein Ruhepuls eingestellt hat. Daher gilt es für mich, darauf zu achten, dass die Belichtungszeiten kurz genug sind, damit es aus der Anstrengung heraus nicht zu Verwacklungen kommt.

Bei allen drei an der Fujifilm X-Pro2 einstellbaren Auto-ISO-Konfigurationen habe ich für ISO Base 200 und für ISO Limit 6400 vorgewählt. Nur die kürzeste Verschlusszeit variiert von 1/125 über 1/250 bis 1/500 Sekunde. Standard ist für mich 1/125. Nehme ich anstelle einer Landschaft aber ein Actionmotiv auf, wähle ich eine Auto-ISO-Einstellung mit einer kürzeren Mindestverschlusszeit aus. Nur bei Langzeitbelichtungen vom Stativ stelle ich manuell einen ISO-Wert von 200 ein.

Als Belichtungsmessmethode nutze ich nur die Mehrfeldmessung. Mögliche Fehlbelichtungen erkenne ich ja schon vor der Aufnahme im elektronischen Sucher und anhand des Histogramms und kann sofort per Plus/Minus-Korrektur eingreifen. Grundsätzlich versuche ich, jedes Foto sauber zu belichten – ich achte also auf ein ausgewogenes Histogramm. Trotzdem kann es passieren, dass auch mal eine Aufnahme unter- oder überbelichtet ist. Aber da lässt sich ja bei einer RAW-Datei später das meiste noch korrigieren (zugelaufene Schatten lassen sich allerdings einfacher aufhellen als ausgefressene Lichter wieder herstellen!).

Bereits auf Tour lösche ich viel. Wenn ich ein Bild gemacht habe, kontrolliere ich es meist sofort auf dem Kameramonitor oder im elektronischen Sucher. Ist es falsch belichtet, unscharf oder das Motiv gefällt mir doch einfach nicht, fliegt das Foto sofort in den Papierkorb, und ich mache die Aufnahme erneut. Diese Prozedur halte ich solange durch, bis ich zufrieden bin. So vermeide ich, dass sich auf der Speicherkarte allzu viel Mist ansammelt, den ich sowieso nicht mehr sehen will. Bei statischen Motiven ist das natürlich einfacher – die laufen nicht weg und können immer wieder neu abgelichtet werden. Bei Actionbildern und Serienaufnahmen klappt das nicht immer ganz so konsequent. Aber auch da lösche ich, nachdem die Fotografiererei für den Moment zu Ende ist, schon in der Kamera das meiste, was mir auf den ersten Blick nicht zusagt.

Workflow am Computer

Wenn die Reise dann einmal vorbei ist und ich wieder zu Hause vor dem Computer sitze, schaue ich mir die Fotos am Bildschirm, wo erst eine richtige Qualitätsbeurteilung möglich ist, eins nach dem anderen an. Auch hier bin ich rigoros und sortiere weiter alles aus, was misslungen ist, mir nicht zusagt oder einfach eine Dopplung eines besseren Bildes desselben Motivs ist. Diesen Bilderdurchgang mache ich insgesamt dreimal. Dann habe ich die Ausbeute einer Reise auf das Nötigste eingedampft.

Für die abschließende Entwicklung der RAW-Dateien nutze ich an einem kalibrierten Apple iMac zur RAW-Konvertierung Adobe Camera RAW. Um den reportagehaften Charakter meiner Bilder zu unterstreichen, bin ich in der Bildbearbeitung darauf aus, meinen digitalen Fotos analogen Charme zu verleihen. Hier nutze ich die Presets von VSCO – Filmsimulationen, die in Adobe Camera RAW direkt auf die RAW-Dateien angewendet werden (UPDATE: Die Desktop-Presets wurden von VSCO leider eingestellt und sind nicht mehr erhältlich, aber solange meine Kameras mit den Film-Paketen, die ich habe, noch harmonieren, nutze ich sie weiter).

Im ersten Schritt wähle ich nach jeder Reise einen „Film“ aus, den ich für alle Aufnahmen der betreffenden Unternehmung verwende. Hier rufe ich mir Gegebenheiten und Empfindungen vor Ort in Erinnerung und entscheide mich dafür, was am besten passt. Um die Kargheit der arktischen Landschaft Svalbards ideal herauszuarbeiten, entschloss ich mich bei den Bildern der dort unternommenen Skitour beispielsweise für einen „Schwarz-Weiß-Film“ (Agfa Scala) bzw. eine Schwarz-Weiß-Bearbeitung. Einer Bilderserie aus der Polarnacht in Schweden habe ich nachher gröberes Korn verliehen, um die düstere nächtliche Stimmung zu unterstreichen.

Natürlich habe ich Favoriten, die häufiger zum Einsatz kommen, wie den Fuji 160C oder den Kodak Portra 160. Die unterwegs gemachten „Ausgangsfotos“ sind demnach nur die Rohmasse. Erst nachträglich versuche ich, einen Stil zu finden, der dem Erlebten und den Eindrücken vor Ort nahekommt. Dieser Stil muss die Realität auf keinen Fall eins zu eins wiedergeben, sondern er darf davon abweichen. Und von Reise zu Reise kann der Stil wie gesagt unterschiedlich sein. Mal geht es von den Farben knalliger zu, dann sind die Aufnahmen wiederum zurückhaltender. Ein übergreifender Wiedererkennungswert muss dabei aber gewahrt werden.

Ist ein Film ausgewählt, ist das gröbste schon erledigt. Jetzt folgt nur noch das Finetuning. Einheitlich für die Serie einer Reise bestimme ich unter den Grundeinstellungen in Adobe Camera RAW zudem die Werte für Klarheit und Dynamik. Bei der Dynamik gehe ich mal etwas runter, mal etwas hoch, bei der Klarheit hingegen immer rauf, aber nicht zu viel, weil ein Foto ansonsten schnell unnatürlich wirkt. Die Sättigung lasse ich unverändert. Der Rest ist von Bild zu Bild individuell und bedarf jeweils einer genaueren Betrachtung. Dazu zählen der Weißabgleich samt Farbtemperatur und Farbton sowie die Belichtung, falls beides von der Aufnahme her noch nicht genau passen sollte. Und daneben sind es dann die Lichter und Tiefen, das Weiß und Schwarz – hier ist Gefühl gefragt, bis ich die hellen und dunklen Bereiche genau nach meinem Geschmack justiert habe. Das war es dann aber auch schon mit der Bearbeitung im RAW-Konverter und ich speichere jedes Bild als 16-Bit-TIFF ab.

In Adobe Photoshop nehme ich sie dann abschließend jedoch nochmals zur Hand, um dort final – wenn denn nötig – all die „Aus“-Aktionen durchzuführen: Ausrichten, Ausschnitt optimieren und natürlich Ausflecken, falls Dreck auf dem Sensor war. Geschärft wird ein Bild von mir allerdings erst, wenn ich es spezifisch für einen Druck aufbereite. An dem RAW bzw. TIFF nehme ich nur eine ganz minimale Vorschärfung mit dem RAW Presharpener aus der Nik Collection vor. Danach kontrolliere ich ein letztes Mal die Schatten-, Lichter- und Mitteltöne anhand des Tonwertkorrektur-Werkzeuges, bevor ich noch ein paar Dateiinformationen hinterlege und das nun endgültig fertige Bild auf 8-Bit umwandle, weil es so erheblich weniger Speicherplatz bedarf. Zusätzlich erstelle ich daraus noch ein JPG auf Qualitätsstufe 10, das sich schneller mal zur Ansicht an z. B. Redaktionen verschicken lässt.

Die ursprünglich parallel zu den RAW-Dateien aufgezeichneten Original-JPGs kommen am Ende aller Bilderbearbeitung in den Papierkorb und werden gelöscht. Voi­là, der Workflow ist abgeschlossen :-)

Iridient X-Transformer

Nach der oben beschriebenen Art und Weise habe ich alle Bilder meines Projekts Mein Norden aufgenommen und bearbeitet. Und das hat auch bestens funktioniert und zu den angestrebten Ergebnissen geführt – wie auch im gleichnamigen Fotobuch zu sehen.

So gut wie jeder, der Fujifilm X-Kameras nutzt, hat aber sicherlich schon Berichte über die Unterschiede in der Qualität der RAW-Konverter gelesen. Und gerade das wohl am meisten genutzte Programm – Adobe Lightroom bzw. Adobe Camera Raw – kommt darin oftmals sehr schlecht weg. Vor allem fehlt es feinen Strukturen an Details.

Seit einiger Zeit ist der Iridient X-Transformer erhätlich, ein kleines Programm mit einer großen Wirkung: Der X-Transformer übernimmt das Demosaicing der Fujifilm RAW-Dateien und entwickelt daraus ein DNG (Digitales Negativ), welches weiterhin alle Vorzüge der RAW-Entwicklung bietet. Mit dem Unterschied, dass der X-Transformer aus der ursprünglichen RAW-Datei erheblich mehr an Details herauskitzelt, als es Adobe vermag!

Dadurch, dass der Iridient X-Transformer ansonsten sehr wenig an den Dateien verändert, bleiben die weiteren RAW-Verarbeitungsschritte völlig unberührt und können wie gehabt  angepasst werden, genau wie bei einer normalen RAW-Datei.

Mein Fotografen-Kollege Michael Schaake hat das Programm genauer unter die Lupe genommen und beschreibt auch alle Einstellungsoptionen. Nachfolgend im Screenshot hier nur kurz dargestellt, welche Settings bei den RAW Options ich aktuell nutze.

Bei meinen letzten Reisen – der Fotoserie Plan B oder bei der Bildstrecke Zwischen Morgengrauen und Abenddämmerung – habe ich meinen Workflow bereits um den Iridient X-Transformer erweitert. Nach der oben erklärten Bildauswahl am heimischen Computer, folgt nun als nächster Zwischenschritt die Konvertierung der Fujifilm RAW-Dateien in DNGs, bevor die weitere Entwicklung der Dateien wie gehabt in Adobe Camera Raw erfolgt. Mit dem einzigen Unterschied, auf diesem Weg zu noch detailreicheren Aufnahmen zu gelangen und das Optimum aus den Bildern herauszuholen.

Letztendlich gehen in meinem Workflow so die Kontrolle beim Fotografieren und die Vielfalt in der Bildbearbeitung Hand in Hand.

Folgeartikel

> Agfa, Fuji oder Kodak

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12 Kommentare Neuen Kommentar hinzufügen

  1. oli sagt:

    Spannender Workflow – es ist leider leider eine große Unsitte der Kamerahersteller, nicht deren RAW-Format zur Verfügung zu stellen und somit die Hersteller von guter Software zum Reverse-Engineering zu zwingen. Das kleine Zwischenprogramm werde ich mir ansehen, allerdings bin ich bzw. des Import-Workflows recht faul und importiere normalerweise immer alle Bilder (RAW+JPG) nach LR, um dann auszusortieren.

    Wie sicherst Du eigentlich Deine Bilder unterwegs on tour? Nur auf den SD-Karten oder hast Du noch sowas wie einen Picture-Tank? Ich finde noch nicht die beste Lösung – und den MacBook wollte ich nicht durch Rumänien fahren … :o

    1. Der Iridient X-Transformer ist schon einen Blick wert …

      Seit die Kameras (zumindest X-Pro2 und Co.) einen zweiten Kartenslot haben, reicht mir unterwegs ein Backup auf die zweite Karte. Früher habe ich noch externe Bilddatenspeicher mitgeschleppt, aber seitdem nicht mehr.

    1. Wie meinst Du das genau? Der Menüpunkt „Bildvorschau“ steht bei mir auf „Aus“. Um mir ein Bild zur Kontrolle anzusehen, rufe ich es also extra auf und lasse es mir nicht automatisch nach jeder Aufnahme anzeigen …

  2. Klaus R. sagt:

    Bei der X-E3 ist der Menüpunkt unter Einrichtung -> Display zu finden, auch Natural-Live-View genannt. Mit dieser Einstellung bekommt man ein ähnliches kontrastarmes Live-View, wie es die Videofilmer auch nutzen.

    1. Ja, das ist eine Alternative zu meinem Weg (an den ich mich einfach gewöhnt habe …). „Vorschau Bildeffekt“ auf „Aus“ und alle JPG-Settings werden nicht angezeigt …

  3. Daniel sagt:

    Sehr interessant. Ich finde mich v. a. im „direkten Sortieren“ und dem Konvertierungsprozess wieder. Wobei ich hier – und man kann hierüber fürstlich diskutieren – den RAW Process Sharpening ohne die Schärfung in Iridient gewählt habe.

    Für mich neu, und für die nächsten Projekte ab sofort eingeplant, ist die Festlegung einzelner Parameter für eine Serie – bisher war ich wirklich von Bild zu Bild vorgegangen. Mit sicherheit ein guter Weg, eine Serie „zusammenzuhalten“.

  4. Der schnellste und einfachste Weg, das Maximum aus den Fuijfilm .RAF-Dateien herauszuholen, ist und bleibt Capture One. Jetzt in der Version Pro 12 ist auch das Farbmanagement perfekt (neben all den anderen tollen Features). Nach erfolgter RAW-Entwicklung können dann natürlich VSCO- oder Alienskin-Filmlooks drübergelegt werden. Et voilà … ;)

    1. Ich möchte aber nicht einen Filmlook über ein entwickelstes RAW legen, sondern die RAW-Entwicklung soll auf dem Filmlook basieren. Bei meinem Weg ist ja das VSCO-Preset der Ausgang, vom dem aus ich alle weiteren Einstellungen am RAW vornehme …

  5. Daniel sagt:

    Hallo Martin, ich stelle gerade eine Bibliothek von etwa 2.500 FUJI-RAWs auf den X-Transformer von Iridient um und möchte entsprechend konvertieren. Sind die hier genannten Settings weiterhin aktuell und bei Dir derartig im Einsatz?

    1. Hallo Daniel,

      ja, das ist bei mir so noch aktuell. Allerdings kann ich da nur bis zur Kamera-/Sensorgeneration der X-Pro2/X-T2 sprechen – neuere Modelle habe ich bislang nicht benutzt und daher auch nicht getestet, ob dafür z. B. andere X-Transformer-Einstellungen besser sein könnten …

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