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Ab aufs Sofa

Ein Sofa in Norwegen, Foto: Martin Hülle

Endlich. Morgen. Dann geht es los. Nicht schon gestern, auch nicht heute. Morgen. Endlich. Wir wollen nur noch weg.

Anfang dieser Woche war ich wieder bei meiner Hausärztin. Die Gürtelrose ist soweit im Griff. Zum Glück – die Medikamente hatten rasch angeschlagen, die Pocken sich nicht allzu sehr ausgebreitet und starke Schmerzen bekam ich auch nicht. Puh … Meine Heilpraktikerin, bei der ich dann ebenfalls nochmal war, konnte beim Blick in meine Augen zudem erspähen, dass mein komplettes Immunsystem einen Totalabsturz erlitten hatte. Kein Wunder, dass dieser Herpes Zoster da ans Licht wollte. Sie verschrieb mir ein Aufbaumittel, damit nicht jede Kleinigkeit mich sofort wieder aus der Bahn wirft. Und ich nicht bald – wie die Ärztin schon letzte Woche im Spaß bemerkt hatte – in einem Schutzanzug rumlaufen muss …

Positiv darüber hinaus die Ergebnisse der weiteren Blutuntersuchung. Der Leukozytenwert ist wieder gestiegen und liegt nun bei 4,2. Im Krankenhaus konnte ich mit satten 9,5 aufwarten – danach war er bis auf 3,5 gefallen. Wäre er jetzt noch weiter in den Keller gesackt, hätte mein Neurologe mein Epilepsie-Medikament wechseln wollen, weil es der Auslöser für den Niedergang der Abwehrkräfte sein könnte. Da ich die Pillen aber an sich gut vertrage und kaum mehr mit anderen Nebenwirkungen kämpfe, wäre es äußerst notgedrungen geschehen. Jetzt kann ich erstmal weiterhin Levetiracetam schlucken. Gut so – da weiß ich mittlerweile, was ich habe.

Es kann also endlich losgehen. Endlich die richtige Erholung. Endlich Abstand gewinnen. Den Stress abschütteln und Kraft tanken für den Neuanfang danach. Aber nicht, ohne nochmals kurz ausgebremst zu werden. Als wir vorgestern beim Einwohnermeldeamt auf den letzten Drücker einen Kinderreisepass für Selma machen ließen, hatte ich das Gefühl, mir würde der Boden unter den Füßen wegsacken. Vorbote eines neuen epileptischen Anfalls? Nein, zum Glück nicht. Aber ich war erstmal verunsichert. Und später am Tag machte sich ein Ziehen in den Beinen breit, mir wurde kalt und ich bekam in den Abendstunden das Gefühl, Fieber zu haben. In der Nacht schwitzte ich dann stark. Ach herrje – wieder mal was Neues?! Mit Aspirin konnte ich es unterdrücken, aber es führte zur nächsten kleinen Verzögerung, weswegen wir uns jetzt erst morgen auf den Weg machen und nicht schon – wie so sehr erhofft – bereits gestern oder heute. Gut Ding will eben Weile haben …

Was werde ich froh sein, wenn die Autotüren geschlossen sind und wir all den Mist der letzten Zeit ein Stück weit hinter uns lassen. Einen Teil davon nehmen wir aber auch mit. In Form der Tabletten, die ich nehmen muss. In Form der Frage, ob alles gut gehen wird. Ich gesund bleibe oder doch wieder irgendwas auftaucht. Es scheint da ja immer wieder neue Nickeligkeiten zu geben. Aber ich bin zuversichtlich, mit dem räumlichen Abstand, dem Ausbruch aus der Umgebung, an die ich zuletzt so gefesselt war, auch tatsächlich neue Kraft tanken und kontinuierlich weitere Schritte nach vorne tun zu können.

Über die Vogelfluglinie wollen wir via Dänemark zuerst nach Schweden reisen. Dort dann vorbei am Vätternsee nach Stockholm fahren und weiter entlang der Ostküste nordwärts zur Region Höga Kusten und dem Skuleskogen-Nationalpark. Hier werden wir nach Westen schwenken und über Östersund in die Bergwelt Jämtlands aufbrechen. Nach dem Meer und dem Kahlfjäll kehren wir Schweden dann vorerst den Rücken und wechseln über nach Norwegen. Entgegen unserer letztjährigen Reise, die uns da maßgeblich durch den Westen des Landes und die Fjordregionen geführt hat, wollen wir dieses Mal dem Osten einen Besuch abstatten. Nach Røros und dem Femundsee soll es schließlich über Oslo wieder hinein nach Schweden gehen und dort die Westküste runter, mit Göteborg am Wegesrand, retour nach Hause. So unser grober Plan. An einigen Orten wollen wir länger verweilen, kleinere Wanderungen unternehmen und möglichst aller Hektik entfliehen.

Über den Tag müssen wir heute noch die letzten Dinge einpacken. Kommt ja doch einiges zusammen – schließlich wollen wir 4,5 Wochen unterwegs sein. Aber mittlerweile haben wir ja schon die Erfahrung, wie es ist mit kleinem Kind auf großer Fahrt.

Also, ab aufs Sofa.

> Epilepsie (alle Beiträge im Blog)

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5 Kommentare Neuen Kommentar hinzufügen

  1. Jens sagt:

    Euch einen ganz tollen Urlaub mit vielen Eindrücken und Erlebnissen! Vor allem wünsche ich Dir, lieber Martin, viel Erholung und Abstand von dem ganzen Mist, der hinter Dir liegt. Möge der Urlaub einen Neuanfang bedeuten und es ab jetzt nur noch für Dich Aufwärts gehen!

    Viele Grüße, Jens

  2. Jan sagt:

    WOW, Skandinavien ist sooo schön! Dann wünsche ich Euch eine gute, erholsame Reise, viel Ruhe und Entspannung und natürlich weiterhin alles Gute für die Gesundheit! Ich stecke zurzeit auch in den Urlaubsvorbereitungen, überlege aber noch, wo die Reise dieses Jahr hingehen soll, Dänemark & Schweden sind definitiv unter den Top 10 ;)

    VG
    Jan

  3. Annette sagt:

    Ich wünsch Euch einen tollen Urlaub, Dir die Möglichkeit ganz viel Kraft zu tanken, sensationelle Motive, schöne Erlebnisse und vor allem Euch allen eine gute Erholung.

    Freu mich jetzt schon auf die Bilder und finde das Sofa im Meer nur klasse.

    VG
    Annette

  4. Thorsten sagt:

    … das hört sich doch sehr gut an.

    Auch ich wünsche Euch und insbesondere auch Dir pers. einen erholsamen und genesungsreichen Urlaub. Die dänische Grenze erreiche ich von zu Haus aus in ca. 55 Min. Wir waren zum Jahreswechsel 2012 dort. Ich liebe es dort im Herbst/Winter zu sein. Ruhe, Entspannung und viele Spätziergänge im Wind am Wasser. Schweden ist natürlich ein weiteres Highlight!

    Erhole Dich gut und ausreichend Martin!

    VG, Thorsten

  5. Sintho sagt:

    Ein ganz tolles Foto von einem Sofa! ich mag den Kontrast der samtigen Oberfläche zum Wasser. Seltsamerweise hat meine Freundin uns gerade so ein Retrosofa ins Wohnzimmer gestellt. Da musste ich doch etwas schmunzeln ;)

    lg Sintho

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